Bevor Du anfängst, diesen Artikel zu lesen, sei dir gesagt, dass, auch wenn der Name das eher vermuten lässt, nice Guy Verhaltensweisen oder generell einfach „nett sein“ nicht nur eine Eigenschaft ist, die auf Männer zutrifft. Auch Frauen können davon betroffen sein.
Und somit tauchen wir auch gleich in die Materie ein und Fragen uns:
Warum ist „nett sein“ so ein Problem?
Die wichtigste Eigenschaft eines nice Guys ist, dass er/sie seine eigenen Bedürfnisse aufgibt und den Bedürfnissen anderer Vorrang einräumt.
Seine eigenen Bedürfnisse aufgeben bedeutet sie selten oder nie ausdrücken. Er hegt keinen Anspruch darauf, seine eigene Situation für sich zu verbessern, sondern versucht immer die Bedürfnisse anderer zu befriedigen, von denen er glaubt, dass andere oder seine Beziehungen haben.
Der Nice Guy ist nett, weil er Angst hat, etwas anderes zu sein.
Er hat Angst, nein zu sagen bzw. Grenzen zu setzen.
Aber vor allem hat er Angst mitzuteilen, dass wenn man seine Grenzen missachtet oder ihn schlecht behandelt, es Konsequenzen geben wird und er bereit ist auch Menschen aus seinem Leben zu entfernen, wenn es sein muss.
In den meisten Fällen verhält sich der Nice Guy so, dass es keine Chance gibt bzw. die Chancen sehr gering sind, dass er selbst abgelehnt wird. Er legt also Verhaltensweisen an den Tag, von denen er glaubt, dass sie die Akzeptanz der anderen gewinnen.
Aber früher oder später beginnen genau diese Verhaltensweisen ihn zu unterdrücken, und es entsteht mit der Zeit ein passiv aggressives Verhalten.
Eine tickende Zeitbombe, die irgendwann in ihm explodiert, weil er zu viel toleriert hat. Er fühlt sich (ausgelöst durch sein Verhalten) von den anderen unterdrückt und irgendwann beginnt er zu explodieren.
Was bedeutet es für den nice Guy "nett" zu sein?
Nett sein bedeutet für den Nice Guy nicht, dass er ein Idiot oder gar naiv ist.
Nett sein bedeutet hier schwach sein!
Denn der Nice Guy kommt immer zum Entschluss, dass er seine wahren Intentionen oder Bedürfnisse nicht zeigt, weil er nicht genug ist und am Ende wahrscheinlich abgelehnt wird.
Ablehnungen sind hart und tun weh.
Denn sie erinnern ihn an die Gründe, warum er denkt, dass er nicht genug oder nicht attraktiv ist.
Aber zurückgewiesen zu werden ist nur dann schmerzhaft, wenn es die Wahrheit offenbart, was wir über uns selbst denken und glauben und nicht aufgrund einer allgemeinen Wahrheit.
wie wird man zum nice Guy?
Nice Guys haben sich mit der Zeit einige Glaubenssätze bzw. Regeln angeeignet, die hauptsächlich in der Vergangenheit auf der Grundlage der Interaktion mit ihren Eltern erstellt wurden.
Diese Glaubenssätze bzw. Regeln hindern sie daran, Bedürfnisse, Gefühle und vor allem bestimmte persönliche Probleme direkt auszudrücken,
Vor allem glauben sie, dass ihre Probleme keinen Platz auf der Welt haben und sie verpflichtet sind, sich nur die Probleme anderer sich anzuhören und sie zu lösen, obwohl sie das teilweise gar nicht wollen. Aber sie tun es, weil sie so versuchen, das Verhalten des anderen zu kontrollieren, um in Gegenzug dazu Bestätigung zu bekommen.
Denn Bestätigung bedeutet für ihn, dass er einen Wert besitzt.
Ständig auf der Suche nach Bestätigung ist am Ende für ihn wie eine Droge! Je weniger er es bekommt, desto mehr beginnt er es zu jagen. Bekommt er es allerdings, schafft es in diesem Fall neue Probleme. U.a. Neigen Nice Guys dazu, anfällig zu sein auf emotional nicht verfügbare Menschen!
Der Nice Guy verhält sich also nett, basierend darauf, was er denkt (also seiner Meinung nach), dass ihm die Bestätigung bzw. Akzeptanz seines Gegenübers bringen wird. Und er passt sein Verhalten solange an, bis er ein Lob von seinem Gegenüber bekommt.
Dieses Verhalten basiert auf dem Gefühl der Unsicherheit und diese Unsicherheit erzeugt wiederum Stress, weil er nicht weiß, wann er was Wert ist oder nicht.
Aufgrund seines Minderwertigkeitskomplexes verhält er sich so, wie er glaubt, dass sein Gegenüber es möchte, um am Ende akzeptiert zu werden. Er weiß nicht, unter welchen Umständen er Wert besitzt und von anderen akzeptiert wird.
Am Ende entsteht in ihm eine Art Überlebensmechanismus: Er versucht herauszufinden, ob er für andere Menschen an Wert besitzt oder er versucht andere Menschen dazu zu bringen, dass sie ihm zeigen, dass er was Wert ist.
Und schafft so am Ende einen Teufelskreis, der nie endet!
Ursprung in der Kindheit.
Wie bei vielen Problemen im Alltag und in zwischenmenschlichen Beziehungen hat auch der Nice Guy seinen Ursprung in seiner Kindheit, die hauptsächlich aus einer problematischen Bindung zu seinen Eltern entstehen kann.
Nice Guys hatten z. B. Eltern
… die keine Fürsorge oder Aufmerksamkeit geben konnten.
…die immer unzufrieden waren.
…die nicht Fürsorge oder Aufmerksamkeit, wann immer ihre Kinder es wollten, geben konnten oder es war unberechenbar, wann sie Fürsorge oder Aufmerksamkeit gegeben haben. Wenn der Nice Guy als Kind Unstimmigkeiten bemerkte oder die Fürsorge oder Aufmerksamkeit, die er von seinen Eltern erhalten hat, nicht konstant war, bekam er das Gefühl, dass er den Eltern egal ist.
Und das führte mit der Zeit zum Glaubenssatz, dass er für die Menschen, die ihm wichtig sind, nicht genug ist und entsprechend keine Aufmerksamkeit oder Fürsorge verdient hat.
Mit der Folge, dass in der Kindheit Muster und Glaubenssätze entstanden sind für die Basis eines Minderwertigkeitskomplexes.
„Ich werde nicht akzeptiert, wenn ich ich selbst bin! Ich werde von anderen nur akzeptiert, wenn ich eine bestimmte Rolle einnehme, die für diejenigen akzeptabel ist, von denen ich glaube, dass sie einen Wert haben. “ Ist sein Glaubenssatz!
Somit nimmt der Nice Guy eine Rolle ein, die ihm andere zuweisen
… weil er Angst hat, Verantwortung für seine eigene Rolle zu übernehmen, also für das, was er eigentlich ist.
…weil er denkt, dass er nicht genug ist.
…weil er glaubt, dass er es nicht verdient hat.
Damit wird die Basis für das Bedürfnis nach Akzeptanz und Anerkennung geschaffen.
Und aus dieser Basis entstehen mit der Zeit weitere Probleme und Verhaltensweisen, die sein Leben bestimmen, wie z. B.:
Es drückt seine Bedürfnisse nicht aus.
Er opfert sich, um andere nicht zu verletzen.
Er versucht andere zu ändern oder hofft, dass andere ihm irgendwann das geben, was er verdient. (Was nie passieren wird oder nur durch Glück).
Typische Verhaltensweisen des nice Guys
Passiv aggressives Verhalten Eins der wichtigsten Merkmale eines Nice Guys. Resultierend aus einigen der nachfolgenden Verhaltensweisen und die entsprechende Wertschätzung einer Person, neigt der Nice Guy dazu in ein aggressives Verhalten seinen Mitmenschen gegenüber zu kippen. Z. B.: Rachegefühle hegen.
Übermäßige Sorgfalt
Sie müssen sich um alles kümmern und fühlen sich für alles verantwortlich.
Verantwortlich für die Gefühle der anderen.
Wenn sie sehen, dass es jemanden nicht gut geht, denken sie, dass es ihre Schuld ist und sie versuchen dem anderen wieder ein gutes Gefühl zu geben. Allerdings nicht aus Selbstlosigkeit, sondern weil sie glauben, dass sie dafür verantwortlich sind, dass es dem anderen gut geht.
Fühlen sich unter Druck gesetzt die Probleme der anderen lösen zu müssen.
Sie fühlen sich angezogen von Menschen, die viele Probleme haben. Sie fühlen sich als der Retter. Diese Probleme zu lösen, sehen sie als ihre Lebensaufgabe. (Kleiner Tipp am Rande: Beim eingehen von Beziehungen solltest du nicht nur der Mensch an sich berücksichtigen, sondern auch seine Umstände. Wenn dein Gegenüber mehr Probleme hat als du, werden sich deine eigenen Probleme automatisch verdoppeln. Mach dir das bewusst!)
Sie sagen „JA“ obwohl sein „Nein“ sagen wollen.
Nein, es ist ein verbotenes Wort für Nice Guys. Immer wieder wiederholt Ja zu sagen bringt auch einen gewissen Druck mit sich, der mit der Zeit wächst. Denn ab einem gewissen Punkt, wenn man immer nur ja sagt, sind den Erwartungen der anderen keine Grenzen mehr gesetzt. Mit der Zeit führt das dazu, dass der Nice Guy keine Wertschätzung von seinem gegenüber mehr erhält, weil es als selbstverständlich angesehen wird, dass er ja sagt.
Er weiß nicht was er will und wenn er es weiß, sagt er es nicht. Der sicherste Weg zu scheitern ist nicht zu wissen, was man will. Wer weiß, was er will, macht sich einen Plan, um sein Ziel zu erreichen. Der Nice Guy hat Angst, seinen Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen, aus Angst abgelehnt zu werden und der daraus resultierenden Konsequenz nicht genug zu sein.
Er versucht immer als erstes die Bedürfnisse der anderen zu befriedigen.
Sich um die Bedürfnisse der anderen zu kümmern oder anderen Menschen etwas Gutes zu tun, ohne dass diese danach fragen oder darum bitten, ist an sich nichts Schlechtes. Ganz im Gegenteil, es kann eine positive charakteristische Eigenschaft sein. Wenn allerdings diese Großzügigkeit nicht wertgeschätzt wird und auch noch als selbstverständlich angesehen wird und vor allem die eigenen Bedürfnisse auf der Strecke bleiben, dann müssen entsprechende Konsequenzen gezogen werden.
Ihr nettes Verhalten dient als Mittel zum Zweck, weil sie dafür eine Gegenleistung Erwarten.
Sie sind nett, weil sie wollen, dass die Frau/Mann mich akzeptiert. Sie sind nett, weil sie akzeptiert werden wollen.
Sie fühlen sich zu Menschen hingezogen, die nicht klar zum Ausdruck bringen, wie sie zu einem stehen.
Ich sage es immer wieder: Beziehungen sind immer ein Geben und Nehmen. Es kann nicht sein, dass die eine Partei immer investiert und gibt und die andere nur nimmt und nichts oder nur selten was zurückgibt. Sollte dies also der Fall sein, ist das ein guter Indikator dafür, dass dein Gegenüber nicht zu dir passt!
FAZIT
Somit sollte dir spätestens jetzt bewusst sein, dass nice Guys nicht wirklich am Ende "nett" sind, weil sie es sein wollen, sondern, weil sie mit ihrer Nettigkeit im Gegenzug etwas haben wollen. Und das erschafft am Ende sehr große Probleme. Vor allem im Leben des nice Guys selbst.
Denn selten bekommt er wirklich das was er möchte.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Es spricht nichts dagegen, wenn Du oder jemand generell nett ist. Die Frage ist immer bist Du nett, weil du damit etwas erreichen willst bzw. im Gegenzug haben möchtest und Angst hast "Nein" zu sagen, oder bist du nett, weil du gerne anderen Menschen hilfst oder es aus freiem Willen tust ohne eine Gegenleistung zu erwarten?
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